Rechtsschutz bei Ablehnung von Bewerbungen
 

Konkurrentenstreit im Rahmen einer Stellenausschreibung

In einer Vielzahl von uns geführten Verfahren vor den zuständigen Verwaltungsgerichten / Arbeitsgerichten mussten wir feststellen, dass den ausschreibenden öffentlichen Stellen sehr oft die verwaltungsrechtliche / arbeitsrechtliche Brisanz der in der Ausschreibung festgelegten Anforderungen (Stellenprofil) an die zu besetzende Stelle nicht bekannt ist. Deshalb unterlaufen den Behörden hier sehr oft Ermessensfehler die zwingend zu fehlerhaften Stellenbesetzungen führen, weshalb unterlegene Mitbewerber oftmals erfolgreich mittels den jeweils zulässigen Rechtsmitteln dagegen vorgehen können.  

Das Bundesverwaltungsgericht hat erneut im Urteil vom 16.08.2001 (2 A 3.00) die Bedeutung des Anforderungsprofils einer Stellenausschreibung bei einer Stellenausschreibung hervorgehoben. Diese Grundsätze lassen sich auch auf die entsprechenden Verfahren vor der Arbeitsgerichtsbarkeit übertragen.

Amtliche Leitsätze:

1.Bei der Auswahl unter den Bewerbern um eine ausgeschriebene Stelle hat der Dienstherr die Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten.

2.Das anlässlich einer Stellenausschreibung festgelegte "Anforderungsprofil" der zu besetzenden Stelle  bleibt für den Dienstherrn bei der Auswahl der Bewerber verbindlich.

Die Auswahl unter Bewerbern, hat gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und den die Verfassungsnorm konkretisierenden Vorschriften allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu erfolgen. Durch die Bestimmung eines Anforderungsprofils der ausgeschriebenen Stelle legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest. Für das Auswahlverfahren bleibt die Stellenbeschreibung verbindlich. Die in der Ausschreibung benannten Anforderungen an die zu besetzende Stelle bestimmen objektiv die Kriterien, die der Bewerber erfüllen muss. An ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber um die Stelle gemessen, um eine optimale Besetzung zu gewährleisten. Im Auswahlverfahren ist der Dienstherr an das von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden, da er andernfalls in Widerspruch zu dem selbst gesteckten Ziel bestmöglicher Aufgabenwahrnehmung gerät. Ob der Dienstherr diese Auswahlkriterien beachtet hat, unterliegt in vollem Umfange gerichtlicher Kontrolle.

Erst wenn mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht werden, haben - in der Regel durch Beurteilungen / Zeugnisse ausgewiesene - Abstufungen der Qualifikation Bedeutung. Unter dieser Voraussetzung bleibt es der ermessensfehlerfreien Entscheidung des Dienstherrn überlassen, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umstände er das größere Gewicht beimisst (vgl. auch Beschluss vom 10.11.1993 - BVerwG 2 ER 301.93 -, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 50 S. 12). Aber auch bei dieser Entscheidung muss der Dienstherr die Gewichtung seiner Ausschreibung berücksichtigen. Deshalb ist es vorteilhaft, wenn der Bewerber die Gewichtung (die Bedeutung der einzelnen Anforderungen) bei dem zuständigen Sachbearbeiter oder des künftigen Vorgesetzten  erfragt in einem Gedächtnisprotokoll festhält.

Anmerkung:

Gegen die erfolgte Vergabe der Stelle an einen Konkurrenten kann der unterlegen Bewerber nach bisheriger Rechtsprechung in der Regel nichts mehr unternehmen; die Stelle ist verbraucht. Nach einer jüngsten Entscheidung des BVerwG soll aber nunmehr in bestimmten Fällen auch die Rückgängigmachung der Stellenbesetzung in Betracht kommen. Es bleibt hierzu die Rechtsprechung der OVG’s abzuwarten.

Selbst wenn der übergangene Mitbewerber einen Fehler in der Auswahlentscheidung nachweisen kann, scheiterte die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches aus Amtspflichtverletzung bzw. Fürsorgepflichtverletzung bislang spätestens am Kausalitätsnachweis oder am Verschulden, welches rechtliche Voraussetzung eines Schadensersatzanspruches ist. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH vom 06.04.1995 ? III ZR 183/94 = NJW 1995, 2344 ff.) ist bei der Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches allerdings durchaus hilfreich. Dem unterlegenen Mitbewerber werden nunmehr Beweiserleichterungen nach § 287 ZPO zuerkannt, weshalb bei einem frühzeitigen und aktenkundigen Hinweis der Mitbewerber an die Behörde auf ihre Amtspflichten Schadensersatzansprüche künftig bessere Chancen haben dürften. Somit verbleibt es auch weiterhin bei der effektiven Möglichkeit, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO den Vollzug der Stellenbesetzung durch den Konkurrenten zu verhindern und in diesem Eilverfahren eine sog. Stellenbesetzungssperre zu erreichen. Eine solche Sperre verbietet dem Dienstherrn, die zur Besetzung vorgesehene Stelle an den Konkurrenten zu vergeben, obwohl der Beamte nach seinen Beurteilungsergebnissen der geeignetere, leistungsbessere und befähigtere Kandidat für diese Beförderung ist.

Der nicht ausgewählte Bewerber muss nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts rechtzeitig eine Mitteilung des Dienstherrn erhalten, so dass er einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann. Dies ist den Behörden oftmals unbekannt oder wird unter Verletzung von bestehenden Amtspflichten auch gerne vergessen. Hierauf sollte die Behörde deshalb in höflicher Form frühzeitig hingewiesen werden, auch unter dem Risiko, dass sich der zuständige Sachbearbeiter beleidigt oder gar bedroht fühlt. Jedenfalls stärkt ein solcher aktenkundiger Hinweis die Chancen in einem Schadenersatzprozess für den Fall, dass die Behörde die Stellenbesetzung entgegen des von ihr selbst erstellten Anforderungsprofils vornimmt.

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Moritz (Fachanwalt für Verwaltungsrecht) und

Rechtsanwalt Opelka (Fachanwalt für Arbeitsrecht) am 06.07.2008